Mit Pflanzen sprechen

Mit Pflanzen sprechen? Warum es nicht einmal versuchen. Dazu ein kleiner Erfahrungsbericht: Als wir vor Jahren nach Bern-West gezogen sind, besuchten wir schon bald einmal den Berner Geranienmarkt und kauften uns ein „Stadt Bern Geranium“.

Ja, uns fehlten diese Blumen schon. Hatten wir doch auf der Laube unseres Bauernhauses im Emmental eine ganze Reihe von Geranienkisten aufgehängt. Vor dem ersten Frost haben wir die Pflanzen dann mehr oder weniger lieblos zurückgeschnitten und in den Keller verbannt. Dort fristeten sie über die kalten Wintermonate ein recht karges Leben. Gegossen haben wir nie. Im Frühling holten wir sie wieder nach draussen, wer nicht „überlebt“ hatte wurde ersetzt. So war das eben. Manche Dinge schätz man wohl erst dann richtig, wenn man sie nicht mehr hat… Dieses neue Geraniumpflänzlein jedenfalls hatte und hat immer noch einen ganz anderen Stellenwert. Da wir es all die Jahre kaum übers Herz gebracht haben es zurückzuschneiden ist es zu einem stattlichen Bäumchen herangewachsen. Oder besser gesagt zu einem Strauch. Wir haben es immer gern gemocht und uns an seinen roten Blüten erfreut. Aber eben, wir haben es ihm nie gesagt! So kam es, dass es jedes Jahr einen Schock erlitt, wenn wir es im Winter vom Balkon in die Wohnung holten. Die Blätter rollten sich zusammen, wurden braun und fielen ab. So stand es dann etliche Zeit entlaubt und karg in einer Ecke und erholte sich erst nach Wochen. Bis wir es eines Tages anders versuchten…

Seit etwa drei Jahren bereiten wir dieses zarte Pflanzenwesen auf den bevorstehenden Umzug vor. Wir sprechen mit ihm und das hört sich etwa so an: „Guten Morgen mein Freund. Schön bist du bei uns. Du siehst schön aus in der Morgensonne, danke dass du uns mit deinen Blüten erfreust. Du hast es sicher nicht immer leicht inmitten von kaltem Beton. Hör mal, es wird langsam kalt, in nächster Zeit darfst du wieder hereinkommen in die warme Wohnung. Erschrecke nicht, gell?“ Und so weiter und so fort. Die Pflanze wurde vom Dekorationsteil zum Freund. Und sie dankt es uns, indem sie forthin munter bis in den Dezember weiterblüht und die Blüten nach und nach verdorren und abfallen. Die Blätter bleiben gesund, fleischig, grün und pünktlich zur Zeit der Wintersonnenwende öffnen sich die ersten Blütenknospen wieder.

Ja, in Respekt, Liebe, Hingabe und Resonanz liegt der ganze Zauber des Lebens.